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Observatorium in Abastumani/Georgien


Ein Reisebericht

Bei einer Reise in Georgien Ende Mai 2007 konnte ich das Observatorium in Abastumani auf dem Kanobili-Berg (1700m üNN) besuchen. Das Observatorium war das erste Gebirgsobservatorium der ehemaligen Sowjetunion. Bereits 1932 wurde das erste Instrument installiert. Es ist ein waldiges Gelände mit mehreren Kuppeln und Gebäuden, in denen verschiedene Instrumente untergebracht sind. Auf dem Gelände befinden sich auch komplette Wohnbereiche für die Wissenschaftler und ein Gästehaus, damit ungestört Forschung betrieben werden kann. Früher gab es sogar einen Kindergarten und eine Kantine mit Postamt, aber heute sind diese Gebäude nicht mehr im Gebrauch.

Die Sichtbedingungen sind sehr gut. Bei guter Transparenz ist ein 7 mag Himmel möglich. An durchschnittlich ca. 140 Tagen im Jahr herrschen beste Sichtbedingungen, an weiteren 60 Tagen sind gute bis mittlere Sichtbedingungen, so daß im Schnitt an 200 Tagen im Jahr Beobachtungen möglich sind. Diese Voraussetzungen werden nur von Orten in größerer Höhe und Wüstenklima übertroffen.

Lage des Observatoriums
Das Gebäude nördlich der Markierung ist ein Sanatorium für Lungenerkrankungen


Größere Kartenansicht

Lage des Observatoriums in Google-Earth (Download kmz-Datei)


Instrumente: Detektoren, Messgeräte: Quellen:
   - "The Abastumani astrophysical observatory on mount Kanobili" von G.N. Salukvadze und T.M. Borchkhadze, herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften der Georgischen SSR 1975
   - Beschreibung des Observatoriums der WEBT

Keine Gewähr für die Vollständigkeit bzw. Richtigkeit der Angaben!


Die Kuppel für den großen 125cm Richey Chretien mit Bibliothek und Hörsaal



Der 2-tägige Besuch des Observatoriums war für mich ein unvergessliches Erlebnis. Mein Bruder hat Kontakt zum ehemaligen Leiter der Sternwarte Dr. Temuri Shvelidze. Mit ihm fuhren wir nach Abastumani. Die etwa 3-stündige Anfahrt von Tbilisi (Tiflis) durch das wunderschöne Borjomi Tal war schon ein toller Auftakt. Die Landschaft ist abwechslungsreich und sehr malerisch. Zum Observatorium führt eine kleine Strasse in engen Serpentinen. Einlass wird von einem Pförtner gewährt. Es gibt auch eine Seilbahn für ca. 8 Personen, die allerdings vorrangig für Materialtransporte genutzt wird. Wir hatten die Möglichkeit auf dem Gelände zu übernachten, um bei gutem Himmel vieleicht mit dem 40cm-Refraktor einen Blick auf Venus, Saturn und Jupiter zu wagen, anderes wäre bei dem Vollmondhimmel wenig sinnvoll gewesen. Doch das Wetter war recht durchwachsen.

Temuri Shvelidze machte uns mit den Astronomen Nino Kochiashvili und Rezo Natsvlishvili bekannt, die uns weiter begleiteten. Zuerst besuchten wir den 40cm Doppel-Astrographen. Wie wir erfuhren hat jeder Wissenschaftler sein Spezialgebiet und auch sein ihm "eigenes" Instrument. Der Doppelastrograph wurde uns auch von seinem Nutzer Shota Inasaridze, der ein Spezialist für Abweichungen von Satellitenbahndaten ist, erklärt. Er zeigte uns auch einige Aufnahmen auf Emulsions-Photoplatten, die er selbst gemacht hatte. Das Guiding hatte er jeweils natürlich auch selbst über mehrere Stunden gemacht.

Der 40 cm Doppel-Astrograph



Danach schauten wir uns den großen 40cm Refraktor an, der bereits 1936 seinen Platz auf dem Kanobili Berg fand. Über 40 Jahre wurde er intensiv genutzt und über 7000 Aufnahmen entstanden mit diesem Instrument. Trotz der Größe ließ er sich superleicht drehen. Bestückt war er mit einem 1,25" Okular. Beobachtet wird von einer Plattform, die keinerlei Kontakt zur Montierung hat und je nach Einblickposition auf und ab gefahren werden kann.

Der 40cm Refraktor



Trotz meiner Begeisterung für die Instrumente plagte auch mich der Hunger und wir fuhren nach Abastumani herab um dort zu Essen. Es begann zu regnen und alle Hoffnung, an diesem Abend beobachten zu können schwanden.

Nach dem Essen ging es wieder zur Sternwarte. Diesmal sollte uns der große 1,25m Richey-Chretien Reflektor ins Staunen versetzen. Dieser ist natürlich vollautomatisch, mit allerlei erdenklichen technischen Details ausgestattet und für alle modernen Astrokameras kompatibel. Wer ein solch großes Instrument nicht selbst einmal live gesehen hat, kann sich nicht vorstellen, wie beeindruckend es wirkt.

Der große 125cm Richey Chretien



Als wir die Kuppel verließen und außen and der Brüstung standen hatten wir einen wunderbaren Rundumblick auf das Gelände...

Im Westen die Kuppel für das 70cm Meniskus Teleskop




Im Osten links Kantine und Postamt, rechts die Kuppel für den 40cm-Refraktor.




Im Süden die Radioteleskope und die Kuppel für das Doppelsonnenteleskop



Nun klarte es immer mehr auf, Venus zeigte sich strahlend schön am Abendhimmel. Wir beschlossen es doch zu versuchen sie zu beobachten. Doch mit welchem Teleskop? Hier hatte man ja einen Teleskop-Park zur Verfügung! Nach kurzer Diskussion stand fest: Am schnellsten war der 40cm-Refraktor einsatzbereit.

Die Kuppel musste erst in Richtung Westen gedreht werden. Sonst wird meist nur am Meridian beobachtet. Trotz seiner Größe war der gut 7 Meter lange Tubus des 40cm Refraktors spielend leicht zu bewegen. An der Montierung waren grobe Skalierungen, die auch zur Grobeinstellung genutzt wurden. Nach wenigen Minuten war der große Refraktor bereits auf Venus ausgerichtet. Der Nachführmotor wurde eingeschaltet und surrte deutlich wahrnehmbar mit einem eigentümlichen Geräusch. Jedoch wird mir dies deutlich surrende Geräusch immer in Erinnerung bleiben, irgendwie passend zu diesem alten Instrument.

Das Seeing war fürchterlich, die abziehenden Wolken ließen schon im voraus auf erhebliche Turbulenzen in der Atmosphäre schließen. Jedoch war schön die Halbvenus zu erkennen, mit dem typischen Blausaum eines Fraunhofer. Dies lag jedoch eher an der strahlenden Helligkeit des Objekts, wie es uns später die Beobachtung von Saturn zeigte. Die Nachführung ließ etwas zu wünschen übrig und musste bereits nach wenigen Minuten korrigiert werden, damit Venus nicht aus dem Bildfeld verschwand.



Nachdem wir uns sattgesehen hatten, wollten wir warten, bis Saturn und Jupiter günstiger standen. Also wollten wir uns das 70cm Meniskus-Teleskop anschauen. Hierbei handelt es sich um ein Maksutov Teleskop mit Meniskus-Linse. Der Hauptspiegel hat einen Durchmesser von 975mm bei einer Brennweite von 210cm. Auf einer 18x18cm Platte ist ein verzeichnungsfreies Feld von 4°50' zu erzielen. Bei einer Belichtung von 30 Minuten sind Sterne von 19mag abgebildet. Mittels einem 72cm Objektivprisma mit einem Brechungswinkel von 8° werden Spektralanalysen von Sternen bis etwa 12,5 mag bei 30min. Belichtung vorgenommen. Für dunklere Sterne stehen Prismen mit 4°,2° und 1° bei allerdings geringerer Auflösung zur Verfügung.
Leider konnte ich dieses Instrument nicht fotorafieren, da hier gerade 2 Astronomen bei der Arbeit waren, die den klaren Himmel im Zenit nutzten. Ich wollte daher weder mit Fotostativ und natürlich keinesfalls mit Blitz hier rumhantieren. Auf dem Monitor im Kontrollraum konnte ich schön die beobachtete Galaxie erkennen (glaube es war Mkn501). Die Bildübertragung erfolgte mit Maxim-DL, hier in einer speziellen Version für Observatorien. Ein Schauer lief mir den Rücken herunter so nah bei stellarer Forschung anwesend zu sein.

Von der Brüstung dieser Kuppel bot sich ein schöner Anblick auf die Kuppel des 1,25m Teleskops nebenan...





...und ein schönes Schauspiel mit dem Mond am Horizont, links ist Jupiter






Wir kehrten zum 40cm Refraktor zurück. Saturn zeigte uns trotz immer noch mäßigem Seeing Cassini, allerdings nur mit viel Mühe. In kurzen Momenten der Luftruhe präsentierte sich der Ringplanet majestätisch. Jupiter gab bei dem Seeing leider keine Details Preis und auch der Mond konnte nicht recht überzeugen, jedoch konnte ich einen Eindruck bekommen, was dieses Teleskop bei besserem Himmel zu leisten vermag. Trotzdem war es beeindruckend mit diesem großen Refraktor einmal zu beobachten. Wieder surrte der Nachführmotor charakteristisch, die ganze Atmosphäre war einfach traumhaft.

Gerne hätte ich doch ein Deep-Sky Objekt versucht, doch ziemlich rasch zog Bewölkung auf. Uns war allen ziemlich kalt geworden und so lud uns Nino Kochiashvili bei sich zum Tee ein, wo wir noch lange über viele Dinge redeten.

Am nächsten Morgen hatten wir noch Gelegenheit das Chromosphären-Photosphären Teleskop zu sehen. Ein Doppelteleskop mit einem 6cm Instrument für fotografische und visuelle Beobachtungen im monochromen Licht und einem 13cm photoheliographen. Wir konnten einen Blick auf die Sonne im H-Alpha Licht werfen, jedoch gab es leider keine Protuberanzen. Das Observatorium besitzt auch einen 53cm Coronographen und einen 44cm Coelostaten, die wir jedoch leider nicht mehr besichtigten konnten.

Das Doppelsonnenteleskop



Zum Schluss zeigte uns Nino Kochiashvili ihr Instrument, den 50cm Schmidt-Newton. Hiermit untersucht sie in erster Linie Doppel- und Mehrfachsternsysteme sowie Veränderliche. Ich konnte sehen, daß er mit der ST-6 SBIG-Kamera ausgestattet ist. Nino zeigte uns auch einige Negativaufnahmen von Sternfeldern, die mit diesem Instrument gemacht wurden.

Der 50cm Schmidt-Newton



Zum Schluss hätten wir gerne noch die in einem Zwillingsgebäude untergebrachten kleineren Instrumente gesehen, doch der zuständige Astronom war nicht erreichbar, so daß wir keine Schlüssel hatten. Hier steht der erste installierte Reflektor mit 33cm Durchmesser von 1932 sowie ein Schmidt-Newton mit einer 36cm Schmidt-Platte und einem sphärischen Hauptspiegel von 444mm Durchmesser. Diese Instrumente werden heute eigentlich gar nicht mehr genutzt, da die größeren Instrumente die Aufgaben natürlich besser erfüllen. Wir haben darüber diskutiert, ob man diese Teleskope nicht an ambitionierte Hobbyastronomen vermieten könnte. Also ich hätte da schon Interesse mal eine Woche Zeit zu haben, um bei wirklich günstigen Beobachtungsbedingungen entspannt mit einem 33cm Observatoriumsinstrument zu beobachten oder gar Aufnahmen zu machen.

Die Zeit drängte, so langsam mussten wir aufbrechen. Ein unvergessliches Erlebnis neigte sich leider dem Ende. Ich hoffe die Bilder geben einen kleinen Eindruck von den wunderbaren Erlebnissen, die ich haben durfte. Mein besonderer Dank gilt Temuri Shvelidze, Nino Kochiashvili und Rezo Natsvlishvili sowie Shota Inasaridze, die uns mit großer Fachkenntnis und offenem Ohr für unsere Amateurfragen das Observatorium zeigten.



Von links nach rechts: Shota Inasaridze, Temuri Shvelidze, Nino Kochiashvili, Rezo Natsvlishvili, meine Wenigkeit und mein Bruder Oliver Reisner


Bevor ich noch einige Impressionen anschließe noch eine wichtige Anmerkung.
Der Fortbestand des Observatoriums ist ungewiss. Die derzeitige georgische Regierung unterstützt die wissenschaftliche Arbeit nur unzureichend. Die Gebäude verfallen zusehends und wichtige notwendige Geräte können nicht besorgt werden, abgesehen von der leider landesweit völlig unzureichenden Bezahlung der Wissenschaftler. Der Besuch wurde von dieser Thematik getrübt. Interessierte Sternfreunde, die die Wissenschaftler unterstützen wollen, wenden sich bitte an Seeing1. Ich kann ihnen weitere Informationen und Kontakte vermitteln.



Noch ein paar Eindrücke


Shota Inasaridze zeigt eine Photoplatte (M31)




Auf der Plattform des 40cm-Refraktors




Das wär was für den ambitionierten Hobbyastronom...




Aufnahmen von Nino Kochiashvili




Die Aufnahmegeräte am Doppelastrographen, eine Photoplatte und eine CCD-Kamera




Die Kuppel für den Doppelastrographen